Dieser Beitrag ist Teil des Themenschwerpunkts "Wie die Zeit vergeht", in dem sich die alexandria-Redaktion aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven mit der Wahrnehmung und dem Verständnis von Zeit auseinandersetzt.
Die Entstehung der Erde vor rund 4,5 Milliarden Jahren war auch die Entstehung Österreichs, denn das Gestein unseres Planeten befindet sich in einem ewigen Kreislauf. Es bildete sich aus den Asteroiden und Staub- und Gaspartikeln des Weltalls und ist seither den Naturgesetzen auf der Erde unterworfen. Immer wieder werden die Steine zu Magma aufgeschmolzen, erstarren wieder zu festem Material, werden bei Gebirgsbildungen verformt und erodieren schließlich durch Umwelteinflüsse zu Sand und ähnlichem, ehe sie wieder durch tektonische Prozesse ins Erdinnere transportiert und dort zu Magma aufgeschmolzen werden.
Gestein befindet sich in einem ewigen Kreislauf und wird ständig "wiederverwertet".
Österreich war nicht immer von den Alpen geprägt, wie es heute der Fall ist. Im Laufe der Zeit lag es unter einer tiefen Schicht aus Eis und Schnee, war Zuhause von tropischen Korallenriffbewohnern und wurde von lebensfeindlichen Vulkanen gezeichnet. In diesem Artikel findest du einen Überblick darüber, wie sich Österreich über die Zeit hinweg veränderte - und in Zukunft verändern könnte.
Paradiesisches Österreich am Äquator
Die geologische Geschichte Österreichs ist aus den Gesteinen, aus denen es aufgebaut is und dessen Fossilien ablesbar. Mit großer Sicherheit können wir die zeitliche Veränderung erst ab dem sogenannten Kambrium verfolgen, einem Erdzeitalter, das vor rund 545 Millionen Jahren begann.
Zu dieser Zeit waren die meisten Landflächen dieser Welt zu einem gigantischen Kontinent verbunden, dem Wissenschaftler:innen den Namen Gondwana gaben. In Österreich wurden bisher keine Fossilien aus dem Kambrium gefunden, doch jene aus unseren Nachbarländern zeichnen ein eindeutiges Bild: Die Rückstände deuten auf Wüsten, Korallenriffen und seichte Gewässer hin. Österreich lag damals mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Nähe des Äquators, es war heiß, feucht und das Meer war nicht weit entfernt. Doch der Großkontinent Gondwana bewegte sich unaufhörlich gen Süden und das Klima dürfte sich langsam abgekühlt haben, während sich Österreich immer stärker dem Südpol näherte.
Am Ende des Erdzeitalters veränderte sich das Aussehen der Erde stark, als der Großkontinent Gondwana langsam auseinanderbrach. Österreich wurde auseinandergerissen - und der größere Teil musste sich auf ungemütliche Zeiten einstellen.
Kalt & kahl: Österreich am Südpol
Denn zu Beginn des Ordoviziums, des nächsten Erdzeitalters, war der Südpol höchstwahrscheinlich in unmittelbarer Nähe. Es war kalt und kahl - das Leben hatte noch nicht den Sprung vom Meer aufs Land vollbracht.
Während dieser Zeit kam es zu einem intensiven magmatischen Event und Lava drang an die Oberfläche. Zusammen mit Schichten aus Staub und Asche bildete es viele Lagen an Gestein, dessen Überreste heute unter anderem am Steirischen Erzberg auf über 1.000 Höhenmetern bestaunt werden können.
Die wichtigsten Erdzeitalter aufgelistet.
An der Grenze zum nächsten Erdzeitalter, dem Silur, gibt es auch in Österreich Fossilien. Bei den sogenannten Cystoideen handelt es sich um eine ausgestorbene Tiergruppe, die mit den heute lebenden Seesternen und Seeigeln verwandt ist.
Diese Fossilien sprechen dafür, dass sich Teile Österreichs zu diesem Zeitpunkt im seichten Wasser befanden, im Schelfbereich des Rheischen Ozeans.
Von traumhaften Riffen zu einem hohen Gebirge
Im Laufe des Devons (vor 420 bis 360 Millionen Jahren) bewegte sich Österreich immer weiter nach Norden und näherte sich einem anderen Kontinent an. Laurussia bestand zu dieser Zeit aus dem heutigen Nordamerika, Grönland, Nord- und Nordosteuropa.
Auf diesem Weg durchquerte Österreich abermals die Tropen. Es bildeten sich breite Riffgürtel, in denen das Leben florierte. Sowohl das Gestein als auch die Fossilien sprechen Bände: Während des Devons war Österreich in etwa am selben Breitengrad wie die Fidschi-Inseln und weiße Traumstrände und türkises Meer prägten die Landschaft.
Gegen Ende des Devons kollidierte Österreich und damit auch Teile des ehemaligen Gondwanas mit Laurussia. Damit wurde der Rheische Ozean geschlossen - und der Superkontinent Pangäa entstand vor rund 300 Millionen Jahren.
Durch die Kollision der zwei Kontinente türmten sich während des Erzeitalters Karbon die Landmassen zu einem hohen Gebirge auf, das Varisziden genannt wurde. Bis heute sind die Reste dieses Gebirges in Mittel- und Westeuropa als auch in Nordafrika und Nordamerika auffindbar. So wurde das Gestein beispielsweise bei der Bildung der Alpen wiederverwendet. Noch heute kann man aus ihnen ablesen, dass sie einst Teil des variszischen Gebirges waren.
Österreich war Schauplatz dieser Ereignisse. In den Tiefländern rund um das Gebirge herrschten laut der Plattform “Rocky Austria”, die vom österreichischen Dienst für Geologie, Geophysik, Klimatologie und Meteorologie betrieben wird, tropische Verhältnisse und das Leben gedieh. Schon viele Millionen Jahre zuvor schafften Pflanzen den Sprung vom Wasser ans Land, doch zu diesem Zeitpunkt erhöhte sich die Artenvielfalt schlagartig. Die Flora von damals schlummert heute als gewaltiges Kohlevorkommen unter der Erde, unter anderem im deutschen Ruhrgebiet und in Polen.
Schon am Ende des Karbons schloss sich der tektonische Zyklus und die Varisziden wurden mit hoher Geschwindigkeit wieder kleiner. Teile des Kontinents drifteten in unterschiedliche Richtungen,es kam zu einer Dehnung des Gebiets und das Gestein erodierte aufgrund der Wettereinwirkung.
Österreich transformiert sich zu einer heißen Wüste
Auf das Karbon folgte das Erdzeitalter Perm, in dem die Varisziden vollständig verschwanden. Gleichzeitig setzte die Evolution einen bedeutenden Schritt und die Dinosaurier entstanden. Sie lebten auch in Österreich.
Ein Teil von Pangäa bewegte sich zu diesem Zeitpunkt nach Norden, während der andere nach Süden zog. Deswegen wurde innerhalb von kurzer Zeit ein großer Teil des variszischen Gebirges geebnet und die Paläothetys, ein altes Meer, überschwemmte immer wieder Landesteile, die heute zu Österreich zählen. Aufgrund der Evaporation des Wassers entstanden großräumige Ablagerungen von Steinsalz und Gips. Heute stellt diese Region das Salzkammergut dar, wo beispielsweise schon während der Hallstattkultur (ca. 800 bis 400 v. Chr.) Salz abgebaut wurde.
Zu diesem Zeitpunkt befand sich Österreich noch immer in der Nähe des Äquators, doch das äußerliche Bild hatte sich stark gewandelt. Die üppige Fauna war verschwunden und diesem wich eine kahle, wüstenartige Landschaft, die wohl der heutigen Arabischen Halbinsel ähnelte.
Österreich am Meeresboden
In der Trias wurde Österreich endgültig von der Thetys überschwemmt und es bildeten sich weitläufige Korallenriffe, die an das Great Barrier Reef erinnerten. Schließlich kam es hier auch zu einer enormen Kalkproduktion, aus dessen Überresten die heutigen Nördlichen Kalkalpen gebildet wurden.
Auf die Trias folgt der Jura (vor 201 bis 145 Millionen Jahren) und damit eine einschneidende Veränderung: Der Urkontinent Pangäa zerfiel in zwei Kontinente, weil sich der Teil, der früher Gondwana darstellte, langsam gen Osten bewegte. Zwischen Westafrika und Nordamerika öffnet sich eine Spalte, die letztlich von Wasser geflutet wurde und heute Atlantik heißte. Österreich befindet sich inmitten dieser Geschehnisse und wird unter anderem von der Öffnung eines weiteren Meeres, dem kleinen Penninschen Ozean, geprägt.
Dieser grub sich 3.000 bis 4.000 Meter in die Tiefe und bildete einen typischen Meeresboden aus. Diese Gesteine befinden sich heute nicht mehr tief im Meer, sondern hoch oben in den österreichischen Alpen.
Zu dieser Zeit entstand auch der Adneter Kalk, der häufig als Baustein verwendet wird und vor allem in vielen Böden Österreichs zu sehen ist. Er entstand am “Adriatischen Sporn”, einem Mikrokontinent, der den Penninischen Ozean von der alten Tethys trennte. Dort wurden große Mengen von Fossilien abgelagert, unter anderem auch Ammoniten, die als Meerestiere bedeutend für die Datierung von vielen geologischen Einheiten sind.
Zu diesem Zeitpunkt beginnt langsam, aber sicher die Auffaltung der Alpen. Wenn du erfahren möchtest, wie diese vonstattenging und wie sich Österreich in Zukunft entwickeln könnte, dann lies nächste Woche bei "Österreich im Wandel der Geologie - Teil 2" weiter.