Viele Rohstoffe auf Erden sind von Knappheit bedroht, unser Lebensstil fordert seinen Tribut (Der Standard, 2021). Schon lange versucht die Menschheit auch die letzten möglichen Rohstoffquellen zu finden und auszubeuten, stets auf der Suche nach Erdöl, Erdgas, Kohle und anderen Ressourcen, etwa Metallen. Bohrungen am Meeresboden werden seit Jahren kritisiert und finden doch täglich statt.
Der Klimawandel lässt jedoch manche auf neue, noch unerschlossenen Quellen hoffen. Der Rückzug der Eismassen fördert viele noch unberührte Gebiete zu Tage. Die Antarktis, nicht besiedelt und abgelegen, könnte ins Interessensfeld rücken.
Schätze unter dem Eis
Einst war die Antarktis fruchtbares, eisfreies Land – vor etwa 250 Millionen Jahren, als die Antarktis noch Teil des Großkontinents Gondwana war. Dieser war der südliche Teil des Urkontinents Pangäa, der schließlich zerbrach. Ihre heutige Form hat die Antarktis seit etwa 35 Millionen Jahren.
So könnte Gondwana ausgesehen haben
Wissenschaftler:innen vermuten Ähnlichkeiten zwischen der geologischen Beschaffenheit der Antarktis und ihrer damaligen Nachbarkontinente. Die Küstenregionen der Antarktis haben geologische Gemeinsamkeiten mit rohstoffreichen Randgebieten Südamerikas, Afrikas und Australiens.
In Südafrika befinden sich der Witwatersrand, ein Höhenzug, der viele Goldreserven birgt, sowie der Bushveld-Komplex, wo Platin und Chrom abgebaut werden. In den südamerikanischen Anden verbergen sich Molybdän (ein Schwermetall, das häufig in der Elektrotechnik Anwendung findet), Gold und Silber. All diese Ressourcen könnten auch in der Antarktis in großen Mengen zu finden sein. Kleine Vorkommen einzelner Bodenschätze wurden im Rahmen von Forschungsarbeiten auch bereits entdeckt. (World Ocean Review, 2019)
Während manche Tageszeitungen bereits von potentiellen Diamantenvorkommen schwärmen (Die Welt, 2013), wurde noch kein einziger Diamant in der Antarktis gefunden. Jedoch fand man Kimberlitgestein, das nur in den Schloten erloschener Vulkane zu finden ist. So auch in Afrika, das die Hälfte aller bekannten Diamantvorkommen beherbergt und wo es in der Nähe großer Diamantminen zu finden ist. Daher hofft man in Zukunft, auf weitere Ressourcen zu stoßen.
Natürlich werden, wie in der Arktis, Erdöl- und Erdgasvorkommen in den antarktischen Schelfgebieten (Randbereich des Kontinents) vermutet. Die genaue Exploration und Bergung potentieller Ressourcen werden (noch) durch die klimatischen Bedingungen und der Dicke des Eises erschwert. Hinweise auf einzelne Rohstoffe gibt es jedoch zur Genüge.
Diese Karte zeigt bisher vermutete/bekannte Ressourcenquellen
Noch verhindert das Ewige Eis den Gewinn oder die weitere Identifizierung möglicher Quellen. Mit dem fortschreitenden Klimawandel könnten jedoch immer mehr Orte erreichbar werden. Dann stellt sich die Frage des Gebietsanspruches. Wem gehört die Antarktis? Wer darf dort Bohrungen durchführen und wer darf die Ressourcen bergen?
Die Antarktis gehört niemandem und allen – theoretisch
Da die Antarktis stets unbesiedelt war, gibt es keine indigene Bevölkerung, welche Besitzanspruch stellen könnte. Im Laufe des 20. Jahrhunderts stellten verschiedene Staaten Gebietsansprüche. Diese sind: Norwegen, Großbritannien, Frankreich, Australien, Neuseeland, Argentinien und Chile.
Gebietsansprüche in der Antarktis
Interessanterweise hat im südwestlichen Teil des Kontinents (noch) kein Staat einen Gebietsanspruch geltend gemacht. Jedoch setzen sich Wissenschaftler:innen im letzten Jahrhundert für eine wissenschaftliche und friedliche Nutzung des Kontinentes ein. Daher einigten sich die oben genannten Staaten in den 50er Jahren, ihre Gebietsansprüche ruhen zu lassen.
Am 1.12.1959 wurde der Antarktis-Vertrag unterzeichnet, mit welchem die Unterzeichner einer ausschließlich friedlichen Nutzung des Kontinentes und das Verbot militärischer Aktivitäten aussprachen. Nach der Zurückstellung der bisher geltenden Gebietsansprüche wurde auch vereinbart, dass in Zukunft keine neuen geltend gemacht werden dürfen. Diesem Vertrag stimmten zusätzlich die USA, Japan, die Sowjetunion, die Südafrikanische Union, Brasilien und Belgien zu – etwas mehr als zehn Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges konnten all diese Parteien eine Einigung erzielen. Im Jahre 1961 trat der Antarktis-Vertrag in Kraft.
Aus Sicht des Antarktisvertrages hat somit heute niemand Anspruch auf die Antarktis - sie gehört allen Menschen dieser Erde. Die Zahl der Vertragsstaaten ist mittlerweile auf 54 angewachsen. Diese überarbeiten jährlich die Grundsätze und Ziele des Vertrages – stets unter dem Prinzip der Einstimmigkeit. Der Antarktis-Vertrag legt nicht nur die Freiheit des Kontinents fest, sondern verbietet auch eine wirtschaftliche Ausbeutung. Die einzige Ausnahme bildet bisher der Tourismus.
Das Umweltschutzprotokoll
Zusätzlich wurde, um eine Ausbeutung der Antarktis zu verhindern, ein eigenes Umweltschutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag unterzeichnet. Dies geschah am 4. Oktober 1991 in Madrid, weshalb es auch als Madrid-Protokoll bezeichnet wird. Es trat jedoch erst im Jahre 1998 in Kraft.
Dieses Umweltschutzprotokoll, unterzeichnet von allen Vertragsstaaten, verbietet grundsätzlich den kommerziellen Abbau sämtlicher Rohstoffe in der Antarktis. Die einzigen Bergungen sind im Rahmen von Forschungsprojekten gestattet.
Außerdem stimmten die Unterzeichner überein, die Antarktis als Naturreservat zu belassen. Seither müssen sämtliche Tätigkeiten, auch jene zu Forschungszwecken, vorab auf ihre Auswirkungen auf die antarktische Umwelt überprüft werden. Erst dann dürfen sie durchgeführt werden.
Auch dieses Umweltschutzprotokoll unterliegt dem Einstimmigkeits-Prinzip. Somit kann dieses Protokoll nur durch einstimmen Beschluss aller Konsultativparteien des Antarktis-Vertrages ergänzt oder verändert werden. Nach fünfzig Jahren muss der Antarktis Vertrag neu verhandelt werden. Das wäre 2048 der Fall.
Viel Eis um Nichts?
Das bedeutet: Selbst wenn es große Mengen an Rohstoffen in der Antarktis geben sollte, hat kein Staat die Erlaubnis, diese zu bergen und auch keinen Anspruch darauf. Das Umweltschutzprotokoll und der Antarktis-Vertrag sollten dies verhindern.
Dennoch reißen die erschreckenden Schlagzeilen um eine Ausbeutung der Antarktis nicht ab. So berichtete die Frankfurter Rundschau 2022, dass russische Geolog:innen bereits zahlreiche Öl- und Gasfelder unter der Antarktis ausgemacht hätten. Dies wurde jedoch seitens der russischen Forscher:innen dementiert. (Dieterich, 2022)
Ob nun Gold, Uran, Erdöl, Kobalt oder Diamanten, was das Ewige Eis des Südens verbirgt, werden wir eventuell in den nächsten Jahrzehnten erfahren. Doch ob diese Ressourcen in der Zukunft überhaupt genutzt werden, bleibt ungewiss. So mögen einige Staaten Interesse an der Antarktis als Rohstoffquelle haben, doch noch ist diese als solche nicht erreichbar. Fraglich bleibt, wie lange sich die Staaten an die Vereinbarungen halten werden, wenn Rohstoffknappheit droht. Und wie dann Gebietsansprüche geltend gemacht werden – alte oder neue.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer für die Wissenschaftler:innen unter uns:
Neben den ersehnten Metallen und organischen Rohstoffen finden sich nirgendwo sonst so viele Meteoriten wie in der Antarktis, wodurch die Geologie unseres Sonnensystems erforscht werden kann. Bisher wurden bereits mehrere zehntausend kleine Meteoriten gefunden und größere werden unter dem Eis vermutet (Umweltbundesamt, 2024). Sollten diese durch das Eis brechen, könnten wir weitere Antworten auf die Entstehungsgeschichte unseres Sonnensystems finden. Dafür müssten die Meteoriten nicht einmal aus der Antarktis entfernt werden. Und was gibt es Schöneres als zu forschen, ohne zu schaden?
Dieterich (2022). Suche nach Öl und Gas unter dem Deckmantel der Wissenschaft. Frankfurter Rundschau. Frankfurter Rundschau GmbH
Die Welt (2013). Unter der Antarktis schlummern Diamanten. Axel Springer Deutschland GmbH
Kienzl, S., Aydogdu F., Laufer, N und Widmann, A. (2021). Diese Rohstoffe werden immer knapper. Technologische Innovationen, Digitalisierung und Ökologisierung kurbeln die Nachfrage nach seltenen Erden und anderen Metallen an. Der Standard. STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H.
World Ocean Review (2019). Die Bodenschätze unter dem Eis der Antarktis. Maribus GmbH.
Umweltbundesamt (2021). Geologie der Antarktis. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). Bundesrepublik Deutschland.
Umweltbundesamt (2021). Der Antarkis-Vertrag. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). Bundesrepublik Deutschland.
Umweltbundesamt (2021). Das Umweltschutzprotkoll (USP). Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). Bundesrepublik Deutschland.
Umweltbundesamt (2023). Geologie und Ressourcen der Arktis. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). Bundesrepublik Deutschland.