zwei Väter mit ihrem Kind

Ein Kind zu adoptieren und in seine Familie aufzunehmen ist eine lebensverändernde Entscheidung. Ist diese Entscheidung einmal getroffen, muss noch einiges passieren, bis das Wahlkind tatsächlich Teil der Familie werden kann. Wie genau eine Adoption funktioniert, erklärt dir alexandria in diesem Beitrag.

Dieser Beitrag ist Teil unseres Schwerpunkts zum Thema "Parenting". Den ganzen November beschäftigt sich alexandria mit der Wissenschaft ums Elternwerden.

Warum adoptieren?

Die Beweggründe eines Paares oder einer Einzelperson, ein fremdes Kind als eigenes anzunehmen, sind vielfältig. Manche Paare, die sich Kinder wünschen, können ganz einfach selbst keine zeugen. Davon sind gleichgeschlechtliche Paare, aber auch heterosexuelle Paare, die unfruchtbar oder zu alt sind, betroffen. Es gibt auch alleinstehende Personen, die sich zur Adoption entschließen, weil sie gerne Kinder hätten, aber keine*n Partner*in zur Familiengründung haben.

Die häufigsten Fälle der Adoption finden allerdings innerhalb der leiblichen Familie statt: Wenn ein Kind die biologischen Eltern verloren hat, oder diese das Kind nicht ausreichend betreuen können, nehmen häufig andere Verwandte wie Großeltern oder Onkel und Tante das Kind auf. Oft adoptiert auch ein Stiefelternteil, der mit der leiblichen Mutter oder dem leiblichen Vater eine Beziehung führt, das Kind des Partners*/der Partnerin*.

Die Adoption eines Kindes kann auch wohltätige Hintergründe haben. Neben dem eigenen Kinderwunsch bewegt manche Paare die Hoffnung, dem Adoptivkind eine sichere Heimat und ein behütetes Leben zu bieten. Ebenso Sorgen über die Überbevölkerung unserer Erde veranlasst Menschen mit Kinderwunsch zu adoptieren, anstatt neues Leben in die Welt zu setzen. Was die unterschiedlichen Beweggründe jedoch in der Regel gemeinsam haben, ist der Wunsch einer liebevollen und fürsorglichen Beziehung zum Adoptivkind.

Was ist eine Adoption?

Die Adoption - oder „Annahme an Kindes statt”, wie sie juristisch heißt - soll zwischen Annehmenden und Wahlkind die leibliche Eltern-Kind-Beziehung rechtlich nachbilden: Die Adoptierenden übernehmen durch die Adoption alle Rechte und Pflichten, wie zum Beispiel die Obsorge, die leibliche Eltern auch haben. Um in diese wichtige Elternrolle eintreten zu können, müssen die Adoptierenden jedoch einige Voraussetzungen erfüllen.

Adoptieren kann nur, wer mindestens 25 Jahre alt ist. Das Wahlkind, das auch volljährig sein kann, darf außerdem nicht älter als die Adoptiveltern sein. Weil die Adoption ein Vertrag zwischen den Annehmenden und dem Wahlkind ist, müssen die Annehmenden entscheidungsfähig sein, also die Bedeutung und Folgen dieses Vertrages begreifen können. Da unmündige Wahlkinder, das sind Kinder unter 14 Jahren, in der Regel die Ausmaße eines solchen Vertrages noch nicht verstehen, werden sie durch ihren gesetzlichen Vertreter (die leiblichen Eltern oder die Kinder- und Jugendhilfeträger) unterstützt.

Eine Adoption muss immer zum Wohle eines Kindes geschehen, deshalb haben auch das unmündige Wahlkind und dessen leibliche Eltern das Recht, die Zustimmung zur Adoption zu verweigern. Diese Zustimmung von Kind und leiblichen Eltern kann allerdings vom Gericht ersetzt werden, wenn es keinen gerechtfertigten Grund für eine Weigerung gibt.

Das Annehmen eines volljährigen Wahlkindes ist nur dann möglich, wenn zwischen den potentiellen Adoptiveltern und dem Wahlkind bereits ein langjähriges enges Verhältnis besteht. So soll verhindert werden, dass eine Adoption missbraucht wird, um beispielsweise fremdenrechtliche Bestimmungen zu umgehen oder das Erbe der leiblichen Kinder zu schmälern. Die Adoption ändert allerdings nichts an der Staatsbürgerschaft des Wahlkindes oder daran, dass die leiblichen Kinder einen Mindestanteil der Verlassenschaft bekommen müssen (Welser & Kletečka, 2018).

Zwei Vätter mit ihrem adoptierten Kind

Seit 2016 können in Österreich auch gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren

Die Adoptivfamilie

Adoptieren steht in Österreich seit 2016 nicht mehr nur dem verheirateten heterosexuellen Paar offen (Erkenntnis VfGH G119/2014). Gleichgeschlechtliche Eheleute und eingetragene Partner:innen dürfen genauso Kinder adoptieren, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen.

Eine große Hürde für gleichgeschlechtliche Paare nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft ist jedoch, dass viele Staaten, wie beispielsweise Tschechien, die Adoption durch homosexuelle Paare bis heute verbieten. Selbst wenn der Hauptwohnsitz des Paares in Österreich ist und die Adoption in Österreich durchgeführt werden soll, wo diese Diskriminierung nicht besteht, kann der Heimatstaat eine gleichgeschlechtliche Adoption verhindern. Nicht-österreichische Paare gleichen Geschlechts kämpfen vor Gericht daher immer noch um Gleichbehandlung.

Neben Paaren können aber auch Einzelpersonen, wie die Stiefmutter oder der Stiefvater, das leibliche Kind der Partners*/der Partnerin* annehmen. Der einzelne Adoptivelternteil tritt dann in die Rolle des leiblichen Elternteils des gleichen Geschlechts ein. Wenn also zum Beispiel der neue Mann der Mutter ihr leibliches Kind annimmt, wird der leibliche Vater dadurch rechtlich verdrängt und der Adoptivvater tritt in all seine Rechte und Pflichten ein.

Bei gleichgeschlechtlichen Paaren kann es auch zwei Mütter oder zwei Väter geben. So kann beispielsweise die Gattin der Mutter den leiblichen Vater durch Adoption als zweite Mutter verdrängen.

Auch Alleinstehende dürfen ein Wahlkind annehmen, sie haben aber schlechtere Chancen auf Adoption als ein verheiratetes oder verpartnertes Paar. Damit soll bezweckt werden, dass das Adoptivkind bestenfalls zwei elterliche Bezugspersonen hat. Bei Paaren, die bereits Kinder haben, ist die Erfolgswahrscheinlichkeit geringer als bei kinderlosen Paaren. Durch diese Priorisierung soll kinderlosen Paaren, die womöglich keine Kinder zeugen können, der Kinderwunsch erstmals erfüllt werden.

zwei mütter mit ihrem adoptierten baby

Auch Alleinstehende können Kinder adoptieren, bevorzugt werden aber Paare, um dem Kind zwei elternliche Bezugspersonen zu ermöglichen 

Adoptieren in Österreich - wie geht das?

Wie geht man also nun vor, wenn man ein Kind adoptieren möchte? In Österreich ist es gar nicht so einfach, ein Kind durch Adoption anzunehmen, da die Nachfrage hier sehr hoch ist. Es kann also durchaus zu langen Wartezeiten von bis zu drei Jahren kommen.

Als ersten Schritt muss man sich jedenfalls an den zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger wenden, das kann je nach Ort entweder die Bezirkshauptmannschaft, das Magistrat oder in Wien die Magistratsabteilung 11 sein. Dort wird man über alle Voraussetzungen und Möglichkeiten aufgeklärt. Neben den öffentlichen Vermittlungsstellen gibt es auch einige private Adoptionsvermittler, die auch beim Erstgespräch an der zuständigen Stelle vorgestellt werden.

Entscheidet man sich, den Adoptionsweg zu beschreiten, muss man im nächsten Schritt einige Überprüfungen durchlaufen. Der Gesundheitszustand, die finanzielle Lage und das Strafregister werden kontrolliert, um sicherzugehen, dass das zukünftige Adoptivkind in einem sicheren Umfeld aufwachsen kann. Wenn man alle Kriterien erfolgreich erfüllt hat, wird man anschließend in Mediation geschult.

Die Eltern sollen darauf sensibilisiert werden, dass das Wahlkind nach der Adoption eine große Veränderung und Umgewöhnung durchlaufen muss, die sehr emotional sein kann. Gerade in dieser Eingewöhnungsphase ist es wichtig, dass Adoptiveltern sensibel mit dem Kind umgehen und ihm*/ihr* keinen Druck machen. Da Adoptivkinder auf keinen Fall für Profit missbraucht werden sollen, ist nicht nur die Mediationsschulung, sondern auch die Annahme des Kindes jedenfalls kostenfrei.

Wenn ein Kind aus dem Ausland adoptiert werden soll, ist die Abwicklung deutlich komplizierter. Viele Staaten unterliegen dem Haager Adoptionsübereinkommen, das den Schutz der Kinder vor Menschenhandel gewährleisten soll. Die Adoption von Kindern aus diesen Staaten wird von Österreich anerkannt. Unterliegt der Heimatstaat des Wahlkindes jedoch nicht diesem Abkommen - wie es bei einigen Staaten in Asien und Afrika der Fall ist - wird der Adoptionsablauf durch den Heimatstaat selbst geregelt. Weil so eine Adoption in Österreich nicht anerkannt wird, müssen die Adoptiveltern nach der Auslandsadoption auch in Österreich einen Antrag stellen (vgl. NOW).

Die Annahme des nicht-leiblichen Kindes ist also kein leichtes Unterfangen. Wer jedoch plant, sein ganzes zukünftiges Leben einem Wahlkind zu widmen, sollte auch die damit verbundenen Hürden annehmen können. Die anschließende Kindererziehung ist noch einmal eine eigene Herausforderung, die sowohl für Eltern als auch Kinder der Beginn einer wunderschönen neuen Lebensphase sein kann – ganz egal, ob leiblich oder adoptiert.

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) idF 10.9.2021 gemäß BGBl. I Nr. 175/2021.

APA/red (13. Juni 2013). Stiefkindadoption für homosexuelle Paare beschlossen. DerStandard.

Graupner, H. (11. Mai 2022). Adoption doch nicht für alle: Verfassungsgerichtshof prüft. DerStandard.

NOW - Das österreichische Online Magazin. Adoption in Österreich - Anbieter, Wartezeit, Kosten, Ablauf, Fragen & Antworten.

österreich.gv.at. Ablauf der Adoption. Ablauf der Adoption (oesterreich.gv.at)

VfGH. (11. Dezember 2014). G119/2014 ua. Ris.bka.

Welser, R. & Kletečka (2018). Bürgerliches Recht Band I. 15. Aufl. Manz. 636-632.

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