Dieser Beitrag ist Teil des Themenschwerpunkts "Wie die Zeit vergeht", in dem sich die alexandria-Redaktion aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven mit der Wahrnehmung und dem Verständnis von Zeit auseinandersetzt.
Wenn du in die Zeitreise Österreichs vor der Entstehung der Alpen eintauchen möchtest, dann kannst du hier den ersten Teil des Artikels lesen.
Die Alpen entstehen
In der Kreide, dem nächsten Erdzeitalter, begann der Prozess, der heute die Landschaft von Österreich prägt: Die Alpen entstanden. Zu Beginn spielte sich ein Großteil der Bildung unter der Meeresoberfläche und in der Tiefe der Erde ab. Durch die Kollision von Afrika und Europa wurden Gesteine zuerst unter hohem Druck und Temperatur verändert. Vor 85 Millionen Jahren türmten sich die ersten Ausläufer der Alpen schon über die Meeresoberfläche und ragten als Inseln aus dem Wasser. Aus dieser Zeit sind abermals viele Fossilien im Gestein erhalten, die auf subtropische Küstenlandschaften rückschließen lassen.
Ein Teil von Österreich befand sich zu dieser Zeit in einer Tiefseerinne. Dabei handelte es sich um den tiefsten, langgestreckten Teil eines Meeresbodens, wie es ihn heute beispielsweise der Marianengraben darstellt.
Der Marianengraben liegt im Pazifischen Ozean (Quelle: Wikimedia Commons/wallace)
Während des Paläogens, des nächsten Erdzeitalters, verlief der höchst komplexe Prozess der Alpenbildung weiter. Österreich war noch immer umgeben von Ozeanen, doch langsam verschwand sein Meereszugang durch die kontinuierliche Bewegung nach Norden. Vor 40 bis 30 Millionen Jahren hoben sich die Alpen sehr plötzlich an und wuchsen laut “Rocky Austria” mit einer Geschwindigkeit von bis zu fünf Millimetern pro Jahr in die Höhe.
Durch tektonische Besonderheiten bildete sich am Ende des Paläogens ein weiteres Meer, das sich von Frankreich bis nach Zentralasien erstreckte und sich Paratethys nannte. Dort lagerte sich das erodierte Gestein der Alpen ab.
In und um dieses Meer erblühte das Leben. So tummelten sich unter anderem eine Vielzahl von Haien, Seekühen, Walen und Muscheln in den Tiefen der Paratethys. Das Klima war subtropisch.
Während des Neogens, vor rund 23 Millionen Jahren, trocknete schließlich ein Teil des Meeres auf. Stattdessen entstanden in der Nähe von Sankt Pölten gewaltige Flüsse, Seen und Sümpfe.
In den folgenden Millionen Jahren wurden die Alpen weiter aufgeschoben und durch komplizierte tektonische Abläufe nahmen sie schließlich ihr heutiges Aussehen an. Zur gleichen Zeit bildeten sich in Teilen von Österreich gefährliche Vulkane, die die Landschaft stark prägten. Ihre Überreste findet man heute unter anderem in der Südoststeiermark, am Pauliberg oder im burgenländischen Oberpullendorf.
Gewaltige Gletscher prägen das Bild von Österreich
Im Quartär, dem vorletzten Erdzeitalter, kam es dann plötzlich zu einer starken Abkühlung auf der Nordhalbkugel und weite Eisschilde breiteten sich aus. Immer wieder kam es zu Klimaschwankungen. Die letzte Eiszeit hatte ihren Höhepunkt vor rund 26 bis 20.000 Jahren. Damals besaßen die Gletscher im Inn- oder Salzachtal eine Dicke von rund 1000 Metern. Das Wetter war trocken, die Landschaft kahl.
Eine Auflistung der Erdzeitalter.
Doch dann erwärmte sich Österreich rasch und das Eis in den Tälern schmolz schnell ab. Ein dichter Wald wuchs und es bildeten sich große Seen aus dem Schmelzwasser. Obwohl die Gletscher in Österreich schon bald der Vergangenheit angehören könnten, so werden ihre Überreste noch lange in der Form von runden Tälern und sanften Bergspitzen erhalten bleiben.
Auch die Seen verschwanden schließlich zum Teil, die Gletscher zogen sich weiter zurück und schließlich kommen wir in der Gegenwart an. Geologische Aufzeichnungen zeigen eindeutig, dass die alpidische Gebirgsbildung noch bis heute andauert. So wächst das Gebiet rund um die Hohen Tauern mutmaßlich aktuell etwa einen Millimeter pro Jahr.
Ein gewaltiges Gebirge entsteht
Wie die Zukunft der Welt und Österreich aussieht, ist aktuell wissenschaftlich nicht genau bestimmbar, denn die Bewegung der tektonischen Platten kann nicht mit vollster Sicherheit vorherbestimmt werden. Allerdings scheint klar, dass sich die afrikanische Platte weiterhin auf die eurasische zubewegen wird. In einer Theorie, die von dem Geologen Christopher R. Scotese aufgestellt wurde, könnte sich das Mittelmeer in diesem Prozess bis in 50 Millionen Jahren vollständig schließen und die Alpen könnten zu einem gewaltigen Gebirge anschwellen und sich bis zum Persischen Golf erstrecken.
Österreich wäre in dieser Theorie noch immer Teil der Gebirgsbildung, die Landschaft könnte sich allerdings empfindlich ändern. Denn durch die Verschmelzung von Afrika und Europa würde ein großer Kontinent entstehen, der auch den Einfluss des Meeres auf Österreich verringert. Wenn sich Österreich weiterhin auf einem ähnlichen Breitengrad wie heute befinden würde, könnte sich das Klima erstmals durch den geringeren Einfluss des Meeres deutlich abkühlen.
Laut der Theorie von Scotese könnten sich in 250 Millionen Jahren alle großen Kontinente miteinander vereinen und den nächsten Superkontinent namens Pangaea Proxima bilden. Dabei könnte Österreich an den nördlichen Rand von Europa gedrängt werden und sich eventuell wieder an einer Küste befinden. Aufgrund des niedrigen Breitengrades würde Österreich dann aber leider nicht, wie vor vielen Millionen Jahren, den Fidschi-Inseln gleichen.
Ein Faktor könnte Österreich schon in wenigen Jahrzehnten empfindlich verändern
Das Modell von Scotese spiegelt eine mögliche Zukunft von Österreich wider, die viele hunderte Millionen Jahre von heute entfernt liegt. Die Welt ändert sich über die Zeit allerdings nicht nur durch tektonische Prozesse, auch klimatische Veränderungen sind von großer Bedeutung und prägen das Aussehen von Gebieten. Dadurch kann sich die Flora und Fauna stark verändern und auch die Erosion kann schneller ablaufen, weshalb sich ebenfalls die Topografie wandelt.
Der menschengemachte Klimawandel führt dementsprechend zu einer starken Veränderung in Österreich, die sich eventuell in der Geschichte der Erde noch nie so schnell abgespielt hat. Die Auswirkungen sind auch hier schwer abschätzbar. So könnten wir in Österreich schon in wenigen Jahrzehnten Temperaturen und Faunen wie in Südeuropa haben. Grüne Wälder könnten sich langsam in trockenere Gebiete verwandeln, die von Olivenbäumen und Eidechsen dominiert werden. Die Erosion verschnellert sich stark, es gibt immer mehr Steinschläge und Murenabgänge und die Alpen flachen sich schneller ab, als man es heute für möglich hält.
Andererseits könnte es zum Erliegen oder zur starken Verlangsamung des Golfstroms kommen, der warmes Wasser nach Europa transportiert. Österreich könnte sich dadurch mit rapider Geschwindigkeit stark abkühlen. Das Wetter wäre dann wohl für einen Großteil der Bevölkerung unangenehm kühl.
Ein Prozess, der früher über tausende Jahre stattfand, geschieht heute in wenigen Jahrzehnten. Schon in anderen Erdzeitaltern kam es wegen solcher Veränderungen zu Massenaussterben, die einen großen Teil aller Tier- und Pflanzenarten ausrotteten. Heute sehen wir den Beginn eines solchen auf der gesamten Erde. Ob dieses Event noch verhindert werden kann, ist unter Expert:innen umstritten. Wenn jedoch tatsächlich ein Massenaussterben eintritt, scheint eines klar: Der Mensch hat die Welt über eine so geringe Zeit so stark verändert, wie es zumindest in den vergangenen 500 Millionen Jahren wahrscheinlich nie der Fall war.