Klima

Der Klimawandel ist menschengemacht - manche Kritiker:innen behaupten, die Wissenschaft sei sich da nicht sicher. Stimmt das?

Menschlicher Einfluss auf die Klimaerwärmung - wie sicher ist sich die Wissenschaft?  

Es gibt viele Fälle, in denen sich Wissenschaftler:innen nicht einig sind. Das ist die größte Stärke der Wissenschaft – und zugleich ihre größte Schwäche. Denn es ist wichtig, dass Wissenschaft sehr kritisch mit ihren eigenen Aussagen umgeht. Immerhin wollen sich Leute auf sie verlassen können und Wissenschaft möchte als die objektivste Möglichkeit anerkannt bleiben, die Welt zu verstehen. Andrerseits bietet sie Kritiker:innen damit auch Angriffsflächen. Wenn Wissenschaftler:innen einmal zugeben, über etwas noch keine Aussagen machen zu können, wird das von Gegner:innen gerne dafür verwendet, ihre gesamte Arbeit oder gleich die ganze Wissenschaft für unglaubwürdig zu erklären.
Diese Methoden werden besonders gerne in der Frage angewendet, ob und wie sehr der Mensch zur globalen Erwärmung und den damit einhergehenden Klimaveränderungen beiträgt. Viele Kritiker:innen des Klimawandels haben jahrelang behauptet, die Wissenschaft wäre sich uneinig und es gäbe keine eindeutigen Ergebnisse zu diesem Thema. Ein prominentes Beispiel ist Donald Trump: Er erklärte etwa in einem Interview mit CBS, dass er zwar nicht an der Klimaerwärmung zweifle, allerdings gäbe es keine Beweise, dass der Mensch damit etwas zu tun hätte. „Somethings changing and it will change back again. […] And you don´t know whether or not that would have happened with or without man. You don´t know.“ ["Manche Dinge verändern sich und sie werden sich wieder zurück verändern. [...] Und du weißt nicht, ob diese Veränderungen ohne den Menschen nicht auch passiert wären. Das weißt du nicht."] Kurz darauf gab er an, dass die Wissenschaft hier keine klare Meinung hätte: „We have scientists that disagree with that.“ ["Wir haben Wissenschaftler, die anderer Meinung sind.“]
Hätte Donald Trump recht, müsste sich die Politik auch nicht ändern, denn wenn die Klimaerwärmung bloß auf natürliche Faktoren zurückzuführen ist, dann hat der Mensch darauf ohnehin keinen Einfluss. Doch ist das so? Lässt sich das wissenschaftlich belegen? Sind sich Wissenschaftler:innen in dieser Frage tatsächlich uneinig?

Das sagt die Wissenschaft

Die Wissenschaftshistorikerin und Philosophin Naomi Oreskes wollte diese Frage bereits Jahre vorher klären und hat 2004 etwas getan, was vor ihr noch niemand getan hat: Sie hat sich in einer umfangreichen Arbeit fast 1.000 wissenschaftliche Artikel, die zwischen 1993 und 2003 erschienen, zu diesem Thema angesehen und ausgewertet. Dabei wurden von ihr nur Peer-Reviewed Paper analysiert, also Artikel, die einer strengen Prüfung unterliegen und von anderen Wissenschaftler:innen vor Veröffentlichung anonym gegengelesen werden.
Ihr Ergebnis war eindeutig: 75 Prozent der untersuchten Papers stimmen der These zu, dass die Menschheit den Klimawandel entscheidend beeinflusst. 25 Prozent enthielten sich einer klaren Position. Aber kein einziges der untersuchten Papers war der Ansicht, dass der Klimawandel unabhängig von menschlichem Einfluss stattfindet.
Eine noch größere und aktuellere Studie hat fast 12.000 Papers untersucht, die im Zeitraum von 1991 bis 2011 geschrieben wurden und in denen die Stichwörter „Global Warming“ oder „Global Climate Change“ vorkamen. Von allen Artikeln, die sich mit den Gründen für die Klimaerwärmung auseinandersetzen, waren 97 Prozent der Meinung, dass der Mensch diese Erwärmung entscheidend verursacht.

Fazit: Die Wissenschaft ist sich manchmal nicht völlig sicher – aber das muss sie auch nicht sein

In der Wissenschaft sind 75 Prozent Übereinstimmung schon sehr viel, 97 Prozent sind beinahe sagenhaft. Natürlich muss man bedenken, dass viele der untersuchten Artikel andere Argumentationen und Methoden verwenden und in ihren Aussagen nicht völlig ident sind. Aber was mit Sicherheit gesagt werden kann: Die überwältigende Mehrheit der Wissenschaftsgemeinschaft ist überzeugt davon, dass menschliche Handlungen zur Klimaerwärmung entscheidend beitragen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass klimaschonendere Politik und ein klimafreundlicher Lebensstil dazu beitragen können, die Klimaerwärmung zu reduzieren.
Wir sollten von Wissenschaft nicht erwarten, dass sie stets zu hundert Prozent sicher sein muss. Vor allem wenn es um aktuelle Phänomene geht ist das oft gar nicht möglich – Studien und Experimente brauchen Zeit. Unter Wissenschaftler:innen, die alle mit sorgfältigen Methoden arbeiten, herrscht eine große Einigkeit in der Frage, ob der Mensch en Klimawandel entscheidend beeinflusst. Dies gilt es zu anzuerkennen - und ihre Ergebnisse ernst zu nehmen.

- Die NY Times hat Naomi Oreskes ein Portärt gewidmet (englisch): A Lightning Rod in a Changing Climate
 - Philosoph Martin Kusch erklärt in diesem TED-Talk, wie man mit Fake-News über Klimawissenschaften umgeht (englisch)
- Ein Artikel über die aktuelle Studie zum wissenschaftlichen Konsens über Klimaerwärmung (englisch): Survey finds 97% climate science papers agree warming is man-made (the guardian)

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