Sonnensturm

Wolken, Regen oder blauer Himmel – auf der Erde sorgt ein komplexes Zusammenspiel von Luftdruck, Sonne und Luftfeuchtigkeit für abwechslungsreiches Wetter. Doch auch im luftleeren Weltall kommt es zu Wetterphänomenen.

Man schrieb den 1. September 1859 als der britische Astronom Richard Christopher Carrington sein Teleskop auf die Sonne richtete. An diesem Tag ereignete sich etwas Außergewöhnliches: Ein minutenlanger Lichtblitz blendete Carrington. Zwanzig Stunden später sprühten weltweit Telegrafenleitungen Funken und das in Telegrafen eingelegte Papier fing Feuer. Es erschienen Polarlichter in tropischen Gegenden wie Kuba und Hawaii, die so hell gewesen sein sollen, dass man nachts im bunten Licht Zeitung lesen konnte. Was war geschehen?

Plasmakanone Sonne

Diese Phänomene sind als Carrington-Ereignis in die Geschichte eingegangen. Ausgelöst wurde es durch Weltraumwetter. Wie bei irdischem Wetter ist der Motor dieses Wetters die Sonne, unser Nachbarstern. Die Sonne strahlt nicht nur Licht und Wärme ab, also elektromagnetische Strahlung mit verschiedenen Wellenlängen, sondern erzeugt auch den sogenannten Sonnenwind: Sie sendet einen Strom geladener Teilchen aus. Treffen diese auf Menschen, können sie Schäden in unseren Genen auslösen und Krebs verursachen. Das Erdmagnetfeld fängt die geladenen Teilchen von der Sonne ab und leitet sie zu Nord- und Südpol ab. Dort verursachen ihre hohen Energien in der Atmosphäre Leuchtphänomene, die Polarlichter. Während also die Erdoberfläche durch das Erdmagnetfeld vor dem Sonnenwind geschützt ist, stellt er beispielsweise für Astronaut:innen eine ernste Gefahr da. Nun ist die Sonne zwar ein vergleichbar ruhiges Gestirn, doch kann auch ihre Aktivität heftig zunehmen. Doch was passiert, wenn aus Sonnenwind ein Sonnensturm wird?

Wenn der Schutzschild versagt

Was Carrington im 19. Jahrhundert beobachtet hat, war ein Koronaler Massenauswurf (coronal mass ejection, CME) von ungeahnter Größe. Bei einem CME schleudert die Sonne gigantische Plasmamengen in das All, die dann viele Stunden später auf das Magnetfeld der Erde treffen. Dabei darf man sich das Magnetfeld der Erde nicht so symmetrisch wie das eines Stabmagneten vorstellen. Durch den beständigen Sonnenwind ist es stark deformiert. Trifft es nun ein CME, kann es dazu kommen, das größere Mengen des Sonnensturms auf die Erdoberfläche gelangen. In Folge entstehen in elektrischen Leitungen durch Induktion Starkströme und es kommt weltweit zu Polarlichtern. Man spricht von einem geomagnetischen Sturm. Was bereits 1859 für große Verunsicherung gesorgt hat, könnte in unserer digitalisierten Welt immense Schäden auslösen. Würde uns heute der CME treffen, der das Carrington-Ereignis ausgelöst hat, würden Satelliten zerstört werden und die Stromversorgung ganzer Regionen zusammenbrechen. Eine Katastrophe für lebenserhaltende Elektronik und den weltweiten Datenverkehr.

Stabmagnet Erde

Abbildung 1: Ein Stabmagnet im vergleich mit dem Magnetfeld der Erde 

Und nun der Wetterbericht

Glücklicherweise sind wir heute auf einen Sonnensturm vorbereitet. Die Sonnenaktivität wird laufend von Satelliten überwacht und künftig sollen neue Weltraummissionen noch zuverlässigere Prognosen erlauben. Ziel ist es, einen bevorstehenden CME frühzeitig zu erkennen. Dann hätte die Menschheit Zeit, die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Die aktuelle Sonnenaktivität kann man beispielsweise hier verfolgen. Die Chance, dass uns ein CME in der Größe des Carrington-Ereignisses trifft, ist gering: So ein starker Massenauswurf soll etwa einmal in 500 Jahren stattfinden, doch ist Weltraumwetter, wie das Wetter auf der Erde, schwer vorherzusagen. Daher ist weitere Forschung notwendig, um bessere Modelle der Sonnenaktivität zu finden.
Wir Menschen sind daran gewöhnt, uns nach dem Wetter zu richten. Unsere Häuser haben steile Dächer in schneereichen Gegenden und sind dort weiß gestrichen, wo oft die Sonne scheint. Während also Wetter auf der Erde für uns selbstverständlich ist, achten nur wenige auf das Weltraumwetter. Dabei können Stürme von der Sonne ebenso verheerend sein wie Dürren und Tornados. Daher ist es wichtig, unsere Infrastruktur an das Weltraumwetter anzupassen. Denn auch ohne Atmosphäre kann das Wetter verrückt spielen.

- Ein Artikel der Europäischen Weltraumorganisation über Weltraumwetter: "Die zerstörerische Kraft der Sonne" (ESA)
- Hier könnt ihr lesen, wie solche Sonnenstürme ablaufen: "Beginn eines Sonnensturms" (Welt der Physik)
- Ein Bericht des Bayerischen Rundfunks über das Carrington-Ereignis: "Stärkster registrierter Sonnenstrum" (BR)

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