Die Autorenliste

In unserer Rubrik Projekt Wissenschaft möchten wir euch Methoden und Abläufe in der Wissenschaft näherbringen. Ein integraler Bestandteil wissenschaftlicher Arbeiten sind Autor:innenlisten. Doch wer genannt wird und an welcher Stelle, ist Gegenstand großer Auseinandersetzungen. Warum die Autor:innenzeile die Gemüter gesetzter Gelehrter erhitzt und wie ihr euch in den Namenslisten zurechtfindet, erklärt dieser alexandria-Artikel.

In der Welt der Wissenschaft genießen sie beinahe den Stellenwert einer Währung: Papers, also Fachabhandlungen, werden zu hunderttausenden veröffentlicht, zirkulieren global und sorgen dafür, dass sich wissenschaftliche Erkenntnisse weltweit ausbreiten können.

Wie so ein Paper auszusehen hat, unterliegt strengen Kriterien, die zum einen von den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis diktiert werden. So darf etwa ein möglichst vollständiges Verzeichnis verwendeter Quellen nicht fehlen oder auch eine saubere Formatierung und Beschriftung von Diagrammen.

Andererseits gibt es auch Richtlinien, die weniger klar wissenschaftlich motiviert sind, Fragen des Stils etwa. Eines dieser ungeschriebenen Gesetze ist dabei besonders umstritten und kann im akademischen Konkurrenzkampf mitunter entscheidend sein: die Reihenfolge der Autor:innen.

Streitfall Autor:innenliste

Wissenschaft ist schon lange ein Teamsport und wird im Normalfall von Forschungsgruppen betrieben. In der Regel bestehen solche Gruppen aus mehreren Post-Docs, die unter einem:r Universitätsprofessor:in verschiedene Projekte – mitsamt Doktorand:innen, Masterand:innen und Co – betreuen.

Werden die Früchte der wissenschaftlichen Arbeit geerntet, also die Ergebnisse in einem Fachjournal veröffentlicht, werden die beteiligten Forscher:innen als Autor:innen genannt. Doch die gleich nach dem Titel harmlos ihr Dasein fristende Autor:innenzeile, oft überlesen, ist Schauplatz so manchen Kleinkriegs.

Es ist nämlich nicht gleichgültig, an welcher Stelle sich ein:e Autor:in in der Namenswurst wiederfindet: So drückt etwa die prestigeträchtige Erstnennung meist aus, dass die Person federführend an der publizierten Forschung beteiligt war. Der letztgenannte Name hat ebenso Gewicht. Oft nehmen Professor:innen oder Institutsleiter:innen diese Stelle ein

Unklare Reihenfolge

Wer noch genannt wird und an welcher Stelle, ist offen. Und auch wenn das oben genannte Erst- und Letztautor-System nicht unumstritten ist, finden die hitzigsten Konflikte meist auf den Plätzen dazwischen statt. Dabei wollen alle einen Platz in der Autor:innenliste ergattern, und alle möglichst weit vorne.

Der Ansturm hat triftige Gründe: Einerseits haben Personen, die hinreichend zu dem Projekt beigetragen haben, ein Anrecht, als Autor:in genannt zu werden. So leisten etwa Doktorand:innen, Bachelor- und Masterstudierende oftmals wesentliche Beiträge, die einen Platz in der Autor:innenzeile rechtfertigen.

Und gerade sie brauchen die Autorschaft dringend, denn mit Nennungen gehen die für die akademische Karriere so wichtigen Zitationen einher. Ihre Anzahl, und die Anzahl der veröffentlichten Paper, ist entscheidend für den Erfolg junger Wissenschaftler:innen. Es ist dieser starke Publikationsdruck, der die Kämpfe um die Autor:innenliste so erbittert werden lässt.

In Abwesenheit klarer Regeln kommt es mitunter zu erbitterten Auseinandersetzungen, etwa wenn Autor:innen genannt werden wollen, obwohl die Erstautor:innen nicht der Meinung sind, sie hätten etwas zu dem Paper beigetragen. Eine Hintanreihung kann als auch Kränkung verstanden werden

Mögliche Alternativen

Ein Ausweg, den manche Publikationen beschreiten, ist möglichst alle Beteiligten anzuführen – wodurch Autor:innenlisten aber ins Unendliche wachsen können. Berühmt-berüchtigt sind etwa die Veröffentlichungen des europäischen Teilchenphysik-Zentrums CERN, dessen gigantische Experimente ebenso große Autor:innenlisten mit sich bringen.

Und selbst dann bleibt die Frage der Reihenfolge offen. Um diesen Streitpunkt zu entschärfen, gibt es etwa geteilte Erstautorenschaften, die in Fußnoten ausgewiesen sind. Oder es ersinnen Fachrichtungen teils elaborierte Systeme, um etwa den prozentuellen Anteil der geleisteten Arbeit in der Reihung eines:r Autor:in abzubilden. Auch eigene Abschnitte, die die Beiträge der Autor:innen explizit anführen, kommen vor.

Da so aber eigentlich nichts gewonnen wird, verzichten Disziplinen wie die Mathematik daher ganz auf eine Reihenfolge, die vom Arbeitsausmaß abhängt, und listen die Autor:innen streng alphabetisch. Damit unterläuft man die Debatte völlig, sofern jedem:r Leser:in das System bekannt ist. Sonst erheischt eine kleine Hilfskraft den ganzen Ruhm – und mitunter Karrierevorteile.

Um diesen Effekt zu vermeiden, greifen manche Journals zur sogenannten Certified Random Order: Die Namen der Beteiligten werden zufällig angeordnet und dieser Umstand mit einem leicht erkennbaren Symbol gekennzeichnet, etwa einem ⓡ in der Autor:innenliste. Fachleute konnten zeigen, dass dieser Ansatz im Fall von zwei Co-Autor:innen eine vielversprechende Strategie ist. (Ray ⓡ Robson, 2018)

Problematisch bleibt jedenfalls das Nebeneinander verschiedener Konventionen. Bis sich die wissenschaftliche Community aber zu einer einheitlichen Regelung durchgedrungen hat, hilft euch der – vielleicht nicht ganz ernst gemeinte – alexandria-Ratgeber, sich in den Autor:innenzeilen zurechtzufinden:

Autorenliste Vorlage witzig

Ray, Debraj ⓡ Arthur Robson. 2018. "Certified Random: A New Order for Coauthorship." American Economic Review 108(2): 489–520.
Pain, E. (2021). How to navigate authorship of scientific manuscripts. Science. Zuletzt
     aufgerufen am 10. April 2024.
Akademie der Wissenschaften Schweiz. (2013). Autorschaft bei wissenschaftlichen
     Publikationen. Analyse und Empfehlungen.
Deutsche Forschungsgemeinschaft e.V. (2019). Leitlinien zur Sicherung guter
     wissenschaftlicher Praxis.
Fuchs, M. (2013). Immer der Reihe nach. UZH News. Zuletzt aufgerufen am
     10. April 2024.

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