alexandria Kopf rot

m Juli widmen wir unseren wissenschaftlichen Blick dem Exzess.

Der Exzess begleitet uns seit Anbeginn der Zivilisation. Wo er beginnt, ist schwer zu sagen, und auch wo er endet ist nicht immer klar. Am besten lässt sich Exzess wohl als jener dunkle Teil unseres Lebens erklären, der "zu viel" ist. Der Teil, der über das Notwendige hinausgeht, den wir nicht zum (Über-)Leben brauchen, und der uns gerade deswegen in einen Rausch versetzt.

Der Exzess ist gefährlich, aber womöglich ist er unvermeidbar. Der Mensch hat sich immer schon über sich selbst hinaus entworfen, Wissenschaft wäre ohne dieses Vorstellungsvermögen kaum möglich. Der Mensch wollte immer schon mehr sein, als er ist. Etwas von diesem Drang liegt wohl auch im Exzess verborgen.

Warum gibt es den Exzess überhaupt? Er scheint eine Fehlentwicklung der Evolution, ein irrationaler Parasit. Warum fällt es so schwer, uns mit dem Ausreichenden zu begnügen? Warum tun wir Dinge, von denen wir wissen, dass sie uns und anderen langfristig schaden? Warum opfern wir so oft langfristiges Glück für kurzfristige Euphorie?

Die Versprechung des Exzesses

Wir konsumieren, feiern, wollen immer schöner sein und immer reicher, wollen uns und unsere alltäglichen Probleme im Ausnahmezustand des Exzesses vergessen und so der Gewöhnlichkeit entkommen, die oftmals schwer zu ertragen ist. Es ließe sich auch das Argument machen, dass der völlige Rückzug aus der Welt ebenso exzessiv ist wie der Konsum von Drogen und Alkohol. Womöglich ist Exzess letztlich eine vom Menschen kultivierte Flucht an einen Ort, an den uns kein Boot und kein Flugzeug (der exzessive Mensch nimmt selten den Zug) bringen kann. Wer kann schon behaupten, niemals die Verlockung einer solchen Flucht verspürt zu haben?

Den Exzess zu untersuchen ist wichtig, weil er uns und der Welt, in der wir leben, viel Schaden zufügt. Und es ist interessant, ihn zu untersuchen, weil wir trotzdem immer wieder auf ihn hereinfallen, seinen Versprechungen erliegen und seinem Ruf folgen.
Diesen Monat wollen wir uns verschiedenen Aspekten des Exzesses widmen: Konsum, Drogen, Schönheit, aber auch gesellschaftlich legitimierten Exzesse wie das Ausüben von Gewalt.

Am Ende verstehen wir vielleicht, was den Exzess ausmacht, und wie wir mit ihm umgehen können. Denn auch dafür ist Wissenschaft da: Um dabei zu helfen, mit Phänomenen leben zu lernen, die zum Menschsein dazugehören.

Die Artikel im Überblick

Wie unser Konsum Erdbeben auslöst: Exzessiver Konsum ist ein Merkmal unserer heutigen Gesellschaft und ein Hauptverursacher der Klimakrise. Eine weniger bekannte Konsequenz der steigenden Temperaturen sind Erdbeben.