Alltäglich müssen wir Entscheidungen treffen. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens. Meistens müssen wir so einfache Fragen entscheiden wie: „Was esse ich heute?“ - zugegeben, doch gar nicht so einfach.
Es gibt aber komplexere Situationen, in denen es uns schwerfällt, die Folgen unserer Entscheidungen abzuschätzen. Wie wir in solchen komplexen Situationen entscheiden, ist eine spannende Frage, mit der sich viele Ökonom:innen und Psycholog:innen empirisch auseinandersetzen.
Wie entscheiden wir in komplexen Situationen?
In komplexen Situationen versuchen wir, Informationen zu reduzieren, um unsere kognitive Belastung zu senken. Die Entscheidung, welche Informationen wichtig sind, kann stark vom Framing-Effekt beeinflusst werden. Der Framing-Effekt beschreibt, wie durch unterschiedliche Formulierungen ein- und derselben Situation Entscheidungsträger:innen unterschiedliche reagieren. Dabei spielt Risiko eine wichtige Rolle. Unsere Entscheidungen werden davon beeinflusst, wie viel wir zu riskieren bereit sind.
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Prospect Theory
Die israelisch-US-amerikanischen Wissenschaftler Amos Tversky und Daniel Kahneman behaupten in ihrer Prospect Theory, dass Menschen in positiv geframeten Situationen risikoavers und in negativ geframeten risikofreudig handeln. Ihre Annahme konnte in vielen Experimenten gestützt werden. Ein anschauliches Beispiel – ironischerweise mit Bezug auf aktuelle Ereignisse - hierfür ist das…
Asian Disease Problem
Stell dir vor, der Ausbruch einer asiatischen Krankheit steht bevor. Wenn nichts gegen diese Krankheit unternommen wird, sterben 600 Menschen. Es gibt aber zwei verschiedene Maßnahmen die getroffen werden können. Durch Maßnahme A werden 200 Menschen gerettet. Bei Anwendung von Maßnahme B liegt die Wahrscheinlichkeit bei einem Drittel, dass alle 600 Personen gerettet werden. Für welche Maßnahme würdest du dich entscheiden?
In den Studien von Tversky & Kahneman entschieden sich 72% der Studienteilnehmer:innen für die „sichere“ Maßnahme A, sie handelten risikoavers. Doch was passiert, wenn nicht mehr von 200 geretteten, sondern von 400 sterbenden Menschen ausgegangen wird – wenn die Situation nicht mehr positiv, sondern negativ geframet ist? Dieselbe Frage stellten die beiden Wissenschaftler auch ihren Studienteilnehmer:innen.
Die Ausgangssituation blieb gleich (asiatische Krankheit; 600 Menschen könnten sterben, zwei mögliche Maßnahmen). Doch dieses Mal wurde behauptet, dass durch eine Maßnahme (C) 400 Menschen sterben werden und durch die andere (D) mit einer Wahrscheinlichkeit von einem Drittel niemand stirbt. Die Formulierung des Asian Disease Problem änderte sich, der Erwartungswert blieb jedoch der gleiche.
Anders als beim positiven Framing entschieden sich unter den umformulierten Bedingungen 78% der Studienteilnehmer:innen für die „riskantere“ Maßnahme D. Tversky und Kahneman schlossen daraus, dass Menschen in einer Gewinn-Position (Menschen retten) Risiken vermeiden und in einer Verlust-Position (Menschen sterben lassen) Risiken suchen. Anders gesagt: ein sicherer Gewinn wird einem höheren, aber unsicheren Gewinn vorgezogen; ein sicherer Verlust hingegen wird nicht so gerne akzeptiert wie ein höherer, aber unsicherer Verlust.
Erklärungen für unser Verhalten
Dieses von der Prospect Theory beschriebene Verhalten kann auch bei finanziellen Entscheidungen beobachtet werden. Dass Menschen nicht immer rational entscheiden, ist nichts Schlimmes und den meisten ohnehin klar. Doch zu wissen, warum (Framing) und wie weit (Prospect Theory) wir uns nicht rational entscheiden, kann uns dabei helfen, uns und unsere Entscheidungen besser zu verstehen.
- Chong, D., & Druckman, J. N. (2007). Framing theory. Annual Review of Political Science, 10, 103-126.
- Kahneman, D., & Tversky, A. (1979). Prospect Theory: An Analysis of Decision under Risk. Econometrica, 47(2), 263-292.