Frau die schläft

Winter ist Erkältungszeit. Mit dem grippalen Infekt kommen Müdigkeit und Erschöpfung. Eine Flut von Ratgebern und Mittelchen aus der Drogerie verspricht eine schnelle Genesung durch gesunden Schlaf. Ein regelrechter Hype ist so inzwischen entstanden. Und auch der Volksmund weiß: Schlaf ist die beste Medizin. Aber ist dem wirklich so?

Ohne Immunsystem wäre der Mensch wohl ständig in Lebensgefahr. Bakterien, Viren, Pilze: Unsere alltägliche Umgebung birgt Unmengen an potenziellen Gefahren.
Doch dank unseres körpereigenen Schutzsystem bekommen wir die meiste Zeit kaum was davon mit. Selbstständig bekämpft es effizient Krankheitserreger, wie zum Beispiel Erkältungsviren.
Die Auswirkungen dieses Kampfes bekommen wir körperlich zu spüren. Wir fühlen uns müde, abgeschlagen und erschöpft. Im Volksmund heißt es dann „Du gehörst ins Bett“ und „Schlaf dich erst mal gesund“ – aber geht das?

So wehrt sich der Körper

Um diese Frage zu beantworten, lohnt sich ein genauerer Blick auf die Immunabwehr unseres Körpers. Scheinbar ganz harmlos docken die Erreger eines grippalen Infekts zunächst an menschliche Zellen im Körper an.
Bemerkt der Körper die Invasion schließlich, reagiert er mit heftiger Gegenwehr. Was uns dann bei einer Erkältung plagt, sind nicht die Viren selbst, sondern die Abwehrmechanismen des Körpers: Die Nase läuft, der Hals wird wund und der Kopf fühlt sich schwer an. All das sind Anzeichen dafür, dass unser Immunsystem gerade kräftig arbeitet.

Die sogenannten T-Zellen sind Teil dieser Abwehrstrategie. Sie erkennen fremde Strukturen wie Viren, heften sich an sie an und töten sie ab. Zusätzlich aktivieren die T-Zellen die Produktion von Antikörpern, um vor einer erneuten Infektion zu schützen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil unserer Immunabwehr.

T Zellen beim Andocken

T-Zellen sind ein wichtiger Bestandteil unserer Immunabwehr. Durch Schlaf wird ihre Effizienz gesteigert. 

Wunderwaffe Schlaf?

Wissenschaftler:innen der Universität Tübingen und Lübeck haben untersucht, wie Schlaf sich auf diese T-Zellen auswirkt. Mit 10 Proband:innen führten sie in 24 Stunden einen Test durch.
Während eine Gruppe die gesamte Zeit wach blieb, durfte die andere acht Stunden schlafen. Im Verlauf des Experiments wurde den Proband:innen regelmäßig Blut abgenommen. Die Ergebnisse waren eindeutig: Schlaf steigert die Effizienz der T-Zellen (Dimitrov, et al., 2019).

Sie zirkulieren durch den Blutkreislauf und heften sich an infizierte Zellen an. Bekommen wir zu wenig Schlaf, nimmt diese Fähigkeit deutlich ab und ebenso die Möglichkeit, sich an infizierte Zellen zu heften, um sie zu bekämpfen.
„Bereits drei Stunden ohne Schlaf sind ausreichend, um die Funktion wichtiger Immunzellen zu reduzieren“, erklärt eine der Autor:innen in der Pressemitteilung zur Studie.

Krank und gestresst

Was das im Alltag bedeuten kann, hat ein US-amerikanisches Forscherteam herausgefunden: Menschen, die weniger als sechs Stunden pro Nacht schlafen, bekommen durchschnittlich häufiger eine Erkältung, wenn sie einem Virus ausgesetzt sind, als Menschen die sieben Stunden pro Nacht schlafen (Prather, Janicki-Deverts, & Cohen, 2015).

Dass Schlaf allein über die Stärke unseres Immunschutzes entscheidet, geht aus dieser Studie allerdings nicht hervor. Denn auch andere Parameter können die Immunabwehr negativ beeinflussen, zum Beispiel Stress.
Stresshormone wie Adrenalin und Prostaglandine können T-Zellen an ihrer Arbeit hindern. Über den genauen Umfang, den unser Schlaf für die Immunabwehr ausmacht, sind sich die Forschenden daher bislang noch nicht einig.

Doch eine Vielzahl an Untersuchungen legt nahe, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen einer verbesserten Gesundheit und Schlaf gibt. So verringere sich das Risiko für chronische Erkrankungen wie Diabetes, Herzkrankheiten oder Adipositas. Und auch psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angstzustände können durch ausreichend Schlaf positiv beeinflusst werden.

Denn während wir schlafen, reguliert unser Gehirn unseren Hormonhaushalt weiter. Unser Cortisolspiegel sinkt, wir fühlen uns weniger gestresst. Auch der Neurotransmitter Serotonin wird vermehrt gebildet, was einen positiven Einfluss auf die Stimmung haben kann und den Appetit reguliert.

Wie viel Schlaf benötigen wir also, damit es uns dauerhaft gut geht? Die Empfehlungen und die individuellen Schlafbedürfnisse variieren. Als allgemeiner Richtwert gelten sieben bis neun Stunden für Erwachsene. Ein ununterbrochener Schlaf gilt dabei als besonders erholsam.

Auch regelmäßige Schlafzeiten können den Körper unterstützen. Zu welcher Uhrzeit man hierzu am besten einschläft, hängt vom persönlichen Schlaftyp ab. Während einige Menschen besser früh ins Bett gehen, um das Maximum an Erholung zu erlangen, schlafen andere bis in die späten Morgenstunden.

Du willst wissen, was für ein Schlaftyp du bist und dir ein paar Tipps für den richtigen Schlaf holen? Dann mach diesen Test des Leibniz-Instituts an der TU Dortmund

Schlaf ja, Bettruhe nein

Kämpft der Körper gegen einen Infekt, kann es hilfreich sein, das Bett eine Weile zu hüten. Aber das auch nicht zu lange. Ob wir nur ein paar Tage im Bett verbringen, eine Woche oder gleich mehrere Wochen, macht für den Körper einen großen Unterschied.
Bereits in der ersten Woche beginnen wir Muskelmasse abzubauen. Dauert die Bettruhe noch länger an, können ein erhöhter Herzschlag und Atemnot folgen (Winkelman, 2009).

Schlaf schützt vor Erkältung

Wie eine Studie ergeben hat, erhöht sich unsere Anfälligkeit für virale Infekte durch Schlafmangel (Quelle: University of California San Francisco)

Ärzt:innen empfehlen bei einem grippalen Infekt daher leichte Bewegung. Ein Spaziergang durch den Park oder Dehnübungen, um Rückenschmerzen vorzubeugen. Diese leichten Bewegungen können helfen, den negativen Folgen der Bettruhe entgegenzuwirken und es bei dem gesundheitsunterstützenden Effekt des Schlafes zu belassen.

Denn fest steht: Für unsere Gesundheit ist es wichtig, dass wir ausreichend und gut schlafen. Sowohl um gesund zu werden als auch, um es zu bleiben. Hierbei sind sich Volksmund und Wissenschaft einig. Wer also krank ist, der sollte sich nicht zusätzlich stressen, sondern sich die nötige Ruhe gönnen.

Bundesministerium für Bildung und Forschung. (kein Datum). bmbf.de. Abgerufen am
     29. Oktober 2023.
Deutsches Zentrum für Infektionsforschung. (kein Datum). T-Zellen. Abgerufen am 28.
     Oktober 2023.
Dimitrov, S., Lange, T., Gouttefangeas, C., & et al. (2019). Gαs-coupled receptor signaling
      and sleep regulate integrin activation of human antigen-specific T cells. Journal of
     Experimental Medicine, 517–526.
Prather, A. A., Janicki-Deverts, D., & Cohen, S. (2015). Behaviorally Assessed Sleep and
     Susceptibility to the Common Cold. Sleep, 38.
Winkelman, C. (2009). Bed rest in health and critical illness: a body systems approach.
     ACN Adv Crit Care, 20(3), 254-66.

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