7 Tipps zu Citizen Science

Du wolltest schon immer selbst forschen und experimentieren? Dann ist das Konzept von Citizen Science genau das Richtige für dich. Katrin Vohland, Direktorin des Naturhistorischen Museums Wien, erklärt in diesem Beitrag, wie jede:r Bürger:in zu eine:r Forscher:in werden kann! 

Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit dem Naturhistorischen Museum Wien.
Mehr über die Kooperation erfährst du hier.

Bevor Wissenschaft akademisiert wurde, führten interessierte Bürger:innen ohne wissenschaftliche Ausbildung Experimente und Beobachtungen durch, trugen Daten zusammen und stellten Hypothesen auf. Mit der Entstehung moderner Universitäten veränderte sich das. Heute sind es fachkundige Wissenschaftler:innen mit akademischen Titeln, die in Laboren stehen oder Theorien entwickeln.
Wissenschaft hat eine wichtige Funktion für unsere Gesellschaft. Sie erklärt Phänomene, entwickelt Lösungen und hilft, Entscheidungen auf der Basis von Fakten zu treffen. Daher darf sie nicht abseits der Bürger:innen stattfinden, sondern muss diese miteinbeziehen. Und hier kommt das Konzept Citizen Science ins Spiel.
In Citizen Science-Projekten forschen Bürger:innen ohne fachliche Ausbildung an wissenschaftlichen Projekten – oft unterstützt und angeleitet von Expert:innen. Beide Seiten ziehen daraus einen Vorteil: Die Bürger:innen lernen wissenschaftliche Methoden kennen und können ihre Faszination für die Forschung entdecken. Wissenschaftler:innen wiederrum setzen sich mit den Vorstellungen und Interessen von fachfremden Menschen auseinander und können diese in ihre eigene Arbeit einfließen lassen.
Du wolltest immer schon mal forschen und wissenschaftlich arbeiten, weißt aber nicht, wo und wie? Hier sind 7 Tipps für Citizen Science-Forscher:innen und alle, die es werden wollen!

1. Lerne, dass Forschung ein Prozess ist

Bei Citizen Science-Projekten bekommst du einen Eindruck, wie die Wissenschaft arbeitet. Sie bedient sich einer fundierten Datenbasis und klarer Methoden. Du wirst merken, dass neue Erkenntnisse und Beobachtungen wiederrum neue Fragen aufwerfen. Wissenschaft ist ein Prozess, der ständiger Reflexion und Selbstkritik unterworfen ist. Endgültige Wahrheit gibt es dabei keine, aber viele sinnvolle Lösungsansätze für unterschiedliche Probleme.
Du wirst auch lernen, warum sich Wissenschaftler:innen ständig austauschen, beispielsweise im Auftrag für den Weltklimarat (IPCC). Offene und transparente Kommunikation ist ein Zeichen für gutes wissenschaftliches Arbeiten. Forscher:innen, die weder Daten noch Methoden offenlegen, sind nicht besonders vertrauenswürdig.

2. Finde das passende Projekt für dich

Die Wissenschaft ist ein weites Feld, und es gibt Citizen Science-Projekte in vielen Disziplinen. An ihnen kannst du dich in unterschiedlicher Form beteiligen, von digitalen kurzfristigen Angeboten bis zu einer intensiven Mitarbeit. Du kannst die Rechenleistung deines Computers für die Wissenschaft zur Verfügung stellen, an Umfragen teilnehmen oder sogar selbst Beobachtungen und Experimente anstellen, um Daten zu sammeln. Frage dich: Was passt zu mir, wozu möchte ich beitragen?

Tipp: Für Österreich ist die Plattform www.citizen-science.at DIE Quelle, um die richtigen Projekte zu finden – je nach Ort, Thema und Disziplin. Auch das Naturhistorische Museum Wien bietet Citizen Science-Projekte an. Wenn du dich stärker im europäischen Raum orientieren willst, stöbere mal hier: www.eu-citizen.science.

In Citizen Science Projekten können Höhlen erforscht werden

Abbildung 1: Auch die Erforschung von Höhlen kann ein Citizen Science-Projekt sein.

3. Wenn du Geld verdienen willst...

... mach etwas anderes. Die Projekte sind meist finanziell nicht so gut ausgestattet, da viele von kleineren Vereinen und Organisationen initiiert werden. Die Liebe zur Wissenschaft steht dabei im Vordergrund. Auch Universitäten haben dafür kein spezielles Budget. Manchmal muss man sogar, wie bei anderen Hobbies, Geld investieren, um beispielsweise bestimmte Orte zu erreichen oder eine Lupe zu kaufen. Es gibt aber auch Projekte, die finanziell gefördert werden und Unterstützung leisten können.

Tipp: Lass dich nicht hereinlegen von Projekten, die nur so tun, als trügen sie zur Forschung bei, und manchmal an sehr entlegenen Orten stattfinden. Halte dich bei der Auswahl deines Projekts an offizielle Seiten, wie die in diesem Artikel verlinkten!

4. Lerne neue Menschen kennen

Wissenschaft ist das größte Gemeinschaftsprojekt, das es gibt. Bei Citizen Science-Projekten triffst du auf Menschen, die an ähnlichen Dingen interessiert sind wie du. Das können ältere oder jüngere Menschen sein, aus nahen und fernen Kulturkreisen. Es macht einfach mehr Spaß, gemeinsam Pilze zu bestimmen, die Stadtgeschichte zu erforschen oder Fossilien zu entdecken.

Tipp: Eine Vielzahl an Projekten ist zwar primär digital ausgerichtet, es gibt aber oft die Möglichkeit persönlicher Treffen. Auch kannst du die jährlich stattfindende österreichische Citizen Science-Konferenz besuchen.

Das Erforschen von Fossilien erlaubt Einblick in die Vergangenheit

Abbildung 2: Beim Erforschen lernt man bald andere, interessierte Menschen kennen - die Wissenschaft ist eine große Community!

5. Achte auf deine Datensicherheit!

Viele Projekte verlangen (sinnvollerweise) exakte Standortdaten, wie beispielsweise beim Vögelzählen. Sie werden in bestimmten Apps automatisiert erhoben. Achte darauf, dass diese Apps nicht leichtfertig mit deinen Daten umgehen. Ein seriöses Citizen Science-Projekt kümmert sich um den Datenschutz der Forscher:innen!

Tipp: Prüfe vor der Teilnahme, wie das Projekt die DGSV berücksichtigt und den Schutz deiner persönlichen Daten umsetzt.

6. Frage, was mit deiner Datenerhebung passiert

Wissenschaft sollte öffentlich zugänglich sein. Unter dem Begriff Open Science verlangen viele Wissenschaftler:innen, Rohdaten, Methoden und Ergebnisse von Projekten frei und öffentlich zugänglich zu machen. Das gilt auch für viele Citizen Science-Projekte.
Doch nicht alle Daten können öffentlich gemacht werden. Beispielsweise sollten die Standorte geschützter Tierarten nur zu bestimmten Zwecken weitergegeben werden, um die Tiere zu schützen. Manchmal werden wissenschaftlich erhobene Daten auch kommerziell genutzt (etwa Konsumverhalten bei einer Verbraucherumfrage). Achte darauf, dass die Grenze zur Verwendung der Ergebnisse klar kommuniziert wird.

Tipp: Frag, was mit den Daten passiert, wer sie nutzen darf, und ob sie als Rohdaten oder gesammelt öffentlich zugänglich sind.

Vögelbeobachten mit Jung und Alt

Abbildung 3: Für jeden gibt es das passende Citizen Science-Projekt.

7. Hab Spaß!

Forschung ist etwas Schönes und sehr Erfüllendes. Zudem hält Lernen geistig fit.

Tipp: Such dir gleich ein schönes Projekt!

Katrin Vohland ist Generaldirektorin und wissenschaftliche Geschäftsführerin des Naturhistorischen Museums Wien. Zuvor hat sie am Naturkundemuseum in Berlin und am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung gearbeitet. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeiten war die Stärkung von Citizen Science und die kritische Begleitung des Feldes. Sie hat die European Citizen Science Association (ECSA) aufgebaut und eine COST Action, ein europäisches Forschungsnetzwerk, zu Citizen Science geleitet.

- Interview mit Soziologin Katja Majer zur Open-Science-Bewegung (standard.at)
- Videoreihe zu Citizen Science von Wissenstransfer Ost
- Was braucht ein Projekt, um als Citizen Science-Projekt zu gelten? Hier finden sich einige Qualitätskriterien
- Hier findet ihr ein Interview mit Katrin Vohland über Citizen Science. Katrin Vohland hat auch ein wissenschaftliches Buch zum Thema
     herausgegeben, das hier als PDF zugänglich ist.

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