Kausalität Titelbild

In unserer Rubrik „Projekt Wissenschaft“ möchten wir euch Methoden und Arbeitsweisen der Wissenschaft näherbringen. Gerade in der heutigen Zeit ist es wesentlich, (pseudo-) wissenschaftliche Ergebnisse erkennen, hinterfragen und interpretieren zu können. Wir zeigen euch, wie ihr das machen könnt. Im ersten Artikel widmen wir uns der K.u.K der Wissenschaft: Kausalität und Korrelation.

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In vielen Forschungsgebieten geht es darum, Zusammenhänge aufzudecken. Hierfür werden Daten gesammelt, analysiert und statistisch ausgewertet. In den meisten Fällen lautet das Ergebnis: „Ja, es gibt einen Zusammenhang“ oder „Nein, es gibt keinen Zusammenhang“.

Doch wer eine gute wissenschaftliche Arbeit liefern möchte, muss vorsichtig sein. Gibt es wirklich einen ursächlichen, also einen kausalen Zusammenhang? Oder hat der Zufall den Forscher:innen in die Hände gespielt?

Zufällige Beziehung oder Ursache und Wirkung?

Während Korrelation und Kausalität in unserem Sprachgebrauch oftmals als Synonym verwendet werden, ist eine Unterscheidung dieser Begriffe wesentlich, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Wenden wir uns zunächst den beiden Begriffen zu.

Korrelation bedeutet, übersetzt aus dem Lateinischen, die Beziehung zwischen zwei Merkmalen oder Variablen. Eine Korrelation ist immer dann gegeben, wenn zwei Variablen gemeinsam auftreten: a und b. In manchen Definitionen wird von einer Verbindung gesprochen. Diese Verbindung kann jedoch zufällig auftreten, ohne dass eine Variable die andere beeinflusst oder verursacht.

Kausalität hingegen bedeutet Zusammenhang oder Ursächlichkeit. In diesem Fall wird eine Variable von der anderen bedingt oder beeinflusst: durch a, b. Ein vereinfachtes Beispiel hierfür wäre: Wenn eine Billardkugel A eine zweite Billardkugel B trifft, so wird sich durch die Kraftübertragung die Kugel B weiterbewegen. Die Bewegung der Kugel B geschieht nicht durch einen Zufall, sondern wird durch die Kugel A verursacht.

Korrelation ohne Kausalität: Störche und Babies

Es gibt Berichte darüber, dass in Jahren mit hoher Geburtenrate auch mehr Störche gesichtet wurden. Es handelt sich hierbei um eine Korrelation: mehr Störche und mehr Geburten. Doch gibt es auch einen kausalen Zusammenhang? Bringt am Ende doch der Storch die Kinder?

Nein. Wir wissen, wie Kinder gezeugt und geboren werden, Störche haben sicherlich keinen Einfluss auf die Geburtenrate der Menschen. Daher können wir diese Verbindung amüsiert hinnehmen, doch es wäre fatal, daraus einen direkten Zusammenhang zu interpretieren.

Korrelation mit Kausalität: Aspirin und
Herzinfarkte

Statistisch gesehen versterben Patient:innen, die regelmäßig blutverdünnende Medikamente einnehmen, seltener an einem Herzinfarkt. Zunächst eine eindeutige, in diesem Fall negative, Korrelation: mehr blutverdünnende Medikamente und weniger Herzinfarkte. Doch gibt es hier einen ursächlichen, also kausalen Zusammenhang?

Ja, den gibt es. Das blutverdünnende Medikament Aspirin enthält den Wirkstoff Acetylsalicylsäure. Acetylsalicylsäure hat je nach Dosis verschiedene Wirkungen. 500 Milligramm nehmen einem die Kopfschmerzen nach einer durchzechten Nacht, 100 Milligramm retten Leben. Denn Acetylsalicylsäure unterbindet die Bindung der Blutplättchen aneinander. Dadurch gerinnt das Blut langsamer und es bilden sich seltener Blutgerinnsel (Thromben) im Körper – die Verursacher von Herzinfarkten und Schlaganfällen, welche tödlich enden können. (Drug and Therapeutics Bulletin, 1994)

Aus diesem Beispiel wird ersichtlich, wie viel wissenschaftliche Grundlage vorhanden sein muss, um einen kausalen Zusammenhang zwischen zwei korrelierenden Variablen begründen zu können.

Korrelationen und Kausalität

Beide Graphen sehen nach einem Zusammenhang aus, doch während die Verbindung zwischen Herzinfarkten und blutverdünnenden Medikamenten tatsächlich kausal ist, korrellieren der Anstieg von Geburten und die Sichtung von Störchen bloß zufällig miteinander

Korrelation als Kausalität verkauft

Doch Wissenschaftler:innen stehen unter Druck. Publikationen müssen den Lebenslauf füllen, Forschungsgelder müssen verdient werden. Das bedeutet, dass statistische Korrelationen oft als kausaler Zusammenhang dargestellt werden, denn wer liest schon gerne: Wir erhielten folgende Ergebnisse, aber ob die erforschten Variablen sich wirklich beeinflussen, können wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht erläutern. Es könnte auch ein Storchen-Geburten-Phänomen sein.

Ein vielfach diskutiertes Thema in der heutigen Medizin ist die pseudowissenschaftliche Homöopathie. Zahlreiche Studien zeigen, dass die Einnahme von homöopathischen Arzneimitteln bestimmte Symptome lindert.
Ist der verschwindend geringe Wirkstoff in den Zuckerln tatsächlich die Ursache für die Linderung der Beschwerden? Oder herrscht doch der Placebo-Effekt vor, bei welchem Patient:innen allein durch die Einnahme und das Vertrauen in den Wirkstoff eine Besserung bemerken?

Publikationen, die versuchen, Homöopathie zu verteidigen, liefern keine wissenschaftlich akzeptierte kausale Erklärung für die Wirkungsweise oder eine kritische Auseinandersetzung mit den Arzneimitteln. (Cucaki et al., 2020). Eben jene fehlende gesicherte Kausalität lässt den Großteil der medizinischen Welt die Wirksamkeit von Homöopathie (die über den Placebo-Effekt hinausgeht) anzweifeln.

Absurde Korrelationen - Kausalität
ausgeschlossen?

Einige amüsante Beispiele für Korrelationen, die tatsächlich als reine Zufälle gewertet werden können (nach unserem heutigen Wissensstand), zeichnet die Seite Spurious correlations auf.
Diese absurden Beispiele zeigen, wie wichtig eine Differenzierung zwischen Korrelation und Kausalität ist. Sonst sieht man plötzlich Muster dort, wo gar keine sind – zum Beispiel, dass sich durch einen erhöhten Käsekonsum Menschen häufiger in ihrer Bettwäsche verfangen und so zu Tode kommen.

Korrelation Störche Babies

Die Zunahme des Käsekonsums und die Zunahme von Todesfällen durch Verheddern in der Bettwäsche überschneiden sich zu 94,71 Prozent. (Quelle: Spurious correlations)

Oder dass Margarinekonsum zu Scheidungen im US-Bundesstaat Maine führt.

Scheidungen in Maine Käsekonsum Korrelation

Die nahezu perfekte Übereinstimmung des Margarine-Konsums und der Scheidungsrate im US-Bundesstaat Maine von 99,26 Prozent regt zum Schmunzeln an. (Quelle: Spurious correlations)

Bevor wir ab sofort auf Milchprodukte und vegane Alternativen verzichten, sollten wir diese Zusammenhänge kritisch hinterfragen.

Denn um eine Kausalität nachzuweisen, benötigt man nicht nur statistische Zusammenhänge in den erforschten Daten. Diese müssen unter Berücksichtigung des bereits vorhandenen Wissens kritisch analysiert werden. Lässt sich auch eine logische Ursache-Wirkungsbeziehung ableiten? Oder handelt es sich eventuell doch nur um Zufälle?

Wenn in Medienberichten oder anderen Publikationen auf Zusammenhänge hingewiesen wird, bleibt skeptisch. Wird die Korrelation als Kausalität verkauft oder wird tatsächlich eine kausale Ursache verständlich erläutert? Erst wenn eine kausale Ursache aufgezeigt wird, kann die dargebrachte Theorie akzeptiert werden … zumindest bis sie widerlegt wird.

Cukaci, C. et al. (2020). Against all odds-the persistent popularity of homeopathy.
     Klin Wochenschr, 132(9-10), 232-242.
Drugs and Therapeutic Bulletin (1994). Aspirin to prevent heart attack or stroke.
     Drug Ther Bull, 32(1), 1-3.
Vigen, T. (2024). Spurious Correlations.

Zum Nachlesen:
Korrelation und Kausalität - einfach erklärt! | Data Basecamp

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